Anti-Resolution

Der Gemeinderat Suderburg soll eine Resolution beschließen, zum Thema Alternativstrecken zur sogenannten Y-Trasse. In den vier Suderburger Gemeinden soll sie beschlossen werden, gleichlautend im Text, aber in getrennten Beschlüssen in jedem Ratsgremium. Das allein ist schon fragwürdig, hat mit geschlossenem Auftreten des massiv betroffenen Suderburger Landes wenig zu tun. Alte Gegensätze in der Samtgemeinde leben munter fort. Was mögen die Adressaten, z. B. Minister oder Politiker höheren Ortes, dazu denken?

Es liegt nun heute hier der Entwurf für diese Resolution vor, aber merkwürdig, man weiß nicht, wer der Verfasser ist. Eine Antwort auf meine Frage danach in der Einwohnerfragestunde der Samtgemeinde-Ratssitzung nach den Autoren des Papiers wurde ausdrücklich abgelehnt! Ein anonymer Antrag also, entstanden nach altem Hinterzimmermuster, in einem Geheimzirkel?

Ja, wie will man denn die Menschen mit ins gemeinsame Boot nehmen, die für die Sache notwendige, ganz breite Beteiligung und Unterstützung schaffen mit solchem Gebaren?

Andererseits auch gut, ohne Beteiligung kann die Kritik weniger zurückhaltend ausfallen. Das fängt schon an mit der von den Verfassern stammenden sperrigen Überschrift: „Resolution für den Ausbau der DB-Bestandsstrecken zur Entflechtung des zunehmenden Güterverkehrs und zur Verbesserung der Personenverkehre.“ Hört sich schön an, aber ist gefährlich: ist es unsere Aufgabe, die Ziele der DB zu formulieren und zu beschreiben und so den Eindruck zu erwecken, wir stünden dahinter, erkennen diese Ziele als gegeben an?

Selbst der Arbeitstitel der Bahn für die Info-Veranstaltungen lautet nur: „Ausbau der Schienenwege, um wachsende Verkehre aus dem Hinterland abzuführen“,„Hafenhinterlandanbindung“; also es geht um den Güterverkehr. Inzwischen argwöhnen viele zu Recht, es gehe der Bahn bei den uns treffenden Neubaustrecken auch um ICE-Strecken für den schnellen Personenfernverkehr. Die Resolution „f ü r den Ausbau …“ mit dem Ziel, „Engpässe für den zunehmenden Güterverkehr zu beseitigen, eine Maximierung der Geschwindigkeit im Personenverkehr zu erreichen sowie den langsamen und schnellen Bahnverkehr zu entmischen“ liest sich wie ein Antrag der Bahn nebst Begründung auf Planfeststellung für eine völlig neue Allzweckbahnlinie. Das hat aber überhaupt nichts mehr mit der Ausgangsgrundlage der alten Y-Trasse zu tun, nämlich mit dem Abtransport von Gütern aus den deutschen Häfen (Wilhelmshaven, Bremerhaven, Bremen und Hamburg). So spielt die Resolution „f ü r“, nicht „g e g e n“ mit der völlig überflüssigen, umfangreichen und praktisch und rechtlich unklugen Schilderung von Zielen der Bahn, besonders betreffend den Personenverkehr, der Bahn in die Karten.

Und ach! Unser strukturschwacher Raum (Allgemeinplatz) soll durch die geplanten Maßnahmen noch besser angebunden werden. Wie das denn, wenn hier die Schnellzüge hindurchrauschen und nachts Kolonnen von Güterzügen rollen. Ich sehe für das Suderburger Land keinerlei Vorteile durch Ausbau oder gar Neubau.

Aber bevor man zu der Frage kommt, welche Baumaßnahmen, welche Trasse angezeigt ist, muss man doch erst einmal klären, ob und welcher Bedarf für die Ziele der Bahn besteht. Wo fallen welche Gütermengen an und wo müssen Sie hin? Das ist die vom Verfassungsrecht vorgegebene Frage nach der Planrechtfertigung, ohne die kein Plan festgestellt, keine raumbeanspruchende Maßnahme gebaut werden darf. Ändert sich der Bedarf im Güterverkehr durch eine A 39, durch eine Aufrüstung der Scharnerbecker Schleuse, durch größeren Umschlag in Wilhelmshaven zulasten Hamburgs?

Der Protest in Gellersen legt genau hier den Finger in die Wunde, bezweifelt grundsätzlich den Bedarf. Unsere Resolution hingegen übersieht diese zwingende Vorfrage nach dem Bedarf vor einer Gegenüberstellung und Abwägung von verschiedenen Varianten ganz und gar, sondern unterstellt geradezu Ausbau- oder Neubaunotwendigkeiten. Deshalb ist sie so schlecht.

Und gerade weil der Neubau einer Strecke gegenüber dem Ausbau für die Bahn so verführerisch ist, ist es auch nicht damit getan, mit einem Halbsatz über stärkere Eingriffe und den Schießplatzbetrieb das drohende Menetekel einer Neubaustrecke abzuwenden.

Ein solches Projekt, und zwar jede der beiden Bypasstrassen, wäre sozusagen der Supergau für das Suderburger Land, für seine Lebensqualität und seine Attraktivität. Zu den gravierenden Zerschneidungen mit ihren vielfältigen negative Auswirkungen auf alle Schutzgüter sagt die Resolution nichts. Aber auf dem platten Land hier sind wir viel stärker als im Speckgürtel von Hamburg dem demographischen Wandel mit seinen Folgen unterworfen und ausgeliefert und können uns jegliche Beeinträchtigung hiesiger Lebensqualität viel weniger erlauben, damit die Menschen sich hier so wohl fühlen, dass sie nicht fortgehen, sondern bleiben, oder sogar noch herziehen, aber nicht fliehen. D A S müssen die Politiker, die eine Resolution lesen sollen, sich klarmachen und berücksichtigen. Die Resolution schweigt dazu.

Die Resolution ist schlecht deswegen, weil sie Festlegungen im Sinne der Bahn enthält, von denen man später einmal in einem Rechtsverfahren nicht mehr wegkommen kann und dies der Gemeinde vorgehalten werden kann, nach dem Motto: das haben sie doch damals selbst schon gesagt.

Daher hätte ich mir gewünscht einen durchgängig kompromisslos ablehnenden Inhalt, getragen von großer Geschlossenheit und Unterstützung der Bevölkerung, die man mit geheimen Zirkeln nicht erreicht.

Nach alledem kann ich die Resolution nicht befürworten, müsste sie ablehnen. Aus Loyalität – in dieser gemeindlichen Schicksalsfrage – werde ich mich der Stimme enthalten.