Einwohnerfragestunde – Eine Chance wurde vertan

Die Geschäftsordnungen (GO) sagen: in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung Samtgemeinderatssitzung/Kreistagssitzung kann jede Einwohnerin und jeder Einwohner der Gemeinde Suderburg bzw. des Landkreises Uelzen in einer „Einwohnerfragestunde“ Fragen zu den Beratungsgegenständen und anderen kommunalen Angelegenheiten stellen.

Hört sich gut an für die Bürger.

Doch halt! Fraglich ist nämlich, an wen sie oder er seine Anfrage richten kann (oder muß): nur an die Verwaltung/Gemeindedirektor/Samtgemeindebürgermeister/Landrat oder auch an Fraktionen, Gruppen oder gar an einzelne Rats- bzw. Kreistagsmitglieder (erweitertes Fragerecht)?

In Suderburg ist die Welt insoweit noch in Ordnung, die GO sagt: Anfragen an einzelne Ratsmitglieder usw. werden von diesen selber beantwortet. So konnte ein Einwohner in einer Sitzung ein Ratsmitglied, das auf die Schöffenliste wollte, direkt fragen, wie oft er denn früher schon Schöffe gewesen sei (zweimal). Oder ein Einwohner fragt im Gemeinderat zwei SPD-Ratsmitglieder, wer von beiden denn nun wirklich Mitglied im Verwaltungsausschuß ist und nach dem Sinn ihres dubiosen Rollentausches (Antwort abgelehnt).

In dieser Zeitung (Nr. 215 vom 2. Mai 13 S. 7) wurden „unsere“ vier Kreistagsabgeordneten öffentlich gefragt, warum Suderburg beim HVV-Übergangstarif benachteiligt wurde. Keine Antwort bis heute. Aber selbst eine Anfrage an jeden einzelnen direkt in einer Kreistagssitzung würde nicht weiter führen, sie wäre unzulässig, denn die GO des Kreistages kennt das erweiter-te Fragerecht nicht, da antwortet nur und ausschließlich der Landrat. Das wurde allen klar, als am 16.4. in einer Kreistagssitzung der Abgeordnete Jäker nach einem Widerspruch in seinen schulpolitischen Ausführungen direkt gefragt werden sollte. Das rief die Gruppe „Die Grünen/Bündnis/Zukunft“ auf den Plan, die postwendend eine Ergänzung der GO mit dem direkten Fragerecht, wie zum Beispiel auch in Bad Bevensen, beantragten. Schließlich habe man bei der Erarbeitung der strategischen Ziele des Landkreises Transparenz und Bürgerbeteiligung in den Vordergrund gestellt.

Der Landrat hingegen verweist für direkten Fragebedarf eines Einwohners auf private Gespräche mit den Abgeordneten. Jedoch: in einer Demokratie finden nun einmal politische Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit statt. Soll nur der Abgeordnete bei seiner Aussage den Vorteil der Medienpräsenz haben, nicht aber der Fragende (Parität des Forums)? Das Verbot der direkten Frage zum Schutz des Abgeordneten?

Nein: wer als gewählter Abgeordneter öffentlich eine politische Aussage macht, muß sich gefallen lassen, daß diese Aussage vom Bürger/Wähler auch öffentlich hinterfragt wird! Im übrigen sehen die entsprechenden Regelungen zur Fragestunde vor, daß jeder Befragte die Beantwortung von Fragen ablehnen kann, denn das Gesetz gibt keinen Auskunftsanspruch der oder des Fragenden. Damit ist jeglicher Mißbrauch des Fragerechts ausgeschlossen.

In der Kreistagssitzung vom 25. 6. 13 wurde über den Antrag von „Die Grünen/Bündnis Zukunft“ abgestimmt. In der üblichen Einmütigkeit von CDU und SPD, wenn es z.B. um Diätenerhöhungen oder Postenverteilung nach Proporz geht (etwa Schöffenämter), stimmten sie den Antrag nieder. Aus dem Redebeitrag von Fraktionschef Reese (CDU) wurde zur Genüge deutlich, warum: die Fraktionsdisziplin steht natürlich in einem Spannungsverhältnis zu dem direkten Fragerecht an einzelne Fraktionsmitglieder.

Fazit: das demokratische Bewußtsein der beiden großen Verdrußparteien ist nach wie vor unterentwickelt. Bürgerfreundlichkeit sieht anders aus. Um der Politikverdrossenheit entgegenzuwirken, brauchen wir eine neue Kultur der Bürgerbeteiligung zum Wohle aller (Wahlaussage Schimmack 2011). Das erweiterte Fragerecht der Einwohner, das dem Bürger mehr Beteiligungsmöglichkeiten gibt und direkte ungefilterte Antworten ermöglicht, wäre ein Baustein dafür gewesen. Wieder wurde eine Chance vertan.

Die Mehrheit der Kreistagsabgeordneten hat sich selbst und damit leider auch die Befürworter des Antrages e n t m ü n d i g t .

Götz Schimmack, unabhängig1


  1. Original veröffentlicht auf suderburg-online.de